Eisbergkalbung hat Multiplikatoreffekt auf Gletscherschmelze

Durch | August 14, 2025

Der grönländische Eisschild verliert immer schneller an Masse, ein Prozess, der durch die Eisbergkalbung beschleunigt wird. Wenn riesige Eisbrocken von Gletschern abbrechen und ins Meer stürzen, erzeugen sie Wellen, die warmes Meerwasser an die Gletscherfront bringen und das Schmelzen verstärken. Eine Studie der Universitäten Zürich und Washington zeigt erstmals durch Glasfasertechnologie, wie dieser Prozess die Gletscherschmelze antreibt.

Credits: Annie Spratt, unsplash
Credits Annie Spratt unsplash

Im Rahmen des GreenFjord-Projekts verlegten die Forschenden ein zehn Kilometer langes Glasfaserkabel am Meeresboden entlang der Gletscherfront des Eqalorutsit Kangilliit Sermiat in Südgrönland, einem Gletscher, der jährlich etwa 3,6 Kubikkilometer Eis ins Meer abgibt. Mit der Technologie Distributed Acoustic Sensing konnten sie Wellenbewegungen messen, die durch Rissbildung, herabstürzendes Eis oder Temperaturschwankungen ausgelöst werden. Nach dem Abbruch von Eisbergen entstehen zunächst Oberflächenwellen, sogenannte kalbungsinduzierte Tsunamis, die das Wasser aufmischen. Später folgen unsichtbare Unterwasserwellen, die warmes, schwereres Meerwasser an die Gletscherwand bringen, was Schmelze und Erosion fördert und weitere Eisbergkalbungen erleichtert.

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Eisbergkalbung einen Multiplikationseffekt auf den Massenverlust des Eisschildes hat. Der grönländische Eisschild, dessen Fläche etwa 40 Mal die Schweiz umfasst, könnte bei vollständigem Abschmelzen den Meeresspiegel um sieben Meter anheben und Meeresströmungen wie den Golfstrom schwächen, mit Folgen für das europäische Klima. Zudem beeinträchtigt der Rückgang der Gletscher lokale Ökosysteme in den Fjorden. Konventionelle Fernerkundungsmethoden konnten die Prozesse unter Wasser bisher nicht erfassen, weshalb die Glasfasertechnologie neue Einblicke liefert. Die Studie betont die Fragilität des Eisschildes und die Notwendigkeit, seine Dynamik besser zu verstehen, um die Folgen des Klimawandels abzuschätzen.

Originalpublikation

Dominik Gräff et al. Calving-driven fjord dynamics resolved by seafloor fibre sensing. Nature. 13 August 2025. DOI: 10.1038/s41586-025-09347-7

Lesen Sie auch

Neue Klima-Studie: Beim 2,7-Grad-Ziel sind dreiviertel aller Gletscher nicht mehr zu retten | Pugnalom

Sterbende Arktis und Naturkatastrophen: Studie zeigt drastische Auswirkungen | Pugnalom

Autoren-Avatar
LabNews Media LLC
LabNews: Biotech. Digital Health. Life Sciences. Pugnalom: Environmental News. Nature Conservation. Climate Change. augenauf.blog: Wir beobachten Missstände

Kommentar verfassen