Der Austausch von Kohlendioxid zwischen Ozean und Atmosphäre ist ein zentraler Bestandteil des globalen Kohlenstoffkreislaufs. Als riesiger Puffer absorbiert der Ozean einen erheblichen Anteil der vom Menschen verursachten CO₂- Emissionen und verlangsamt dadurch den Klimawandel.
Wie wirksam diese Pufferung ist, hängt davon ab, wie effizient der CO₂ – Austausch zwischen Luft und Wasser erfolgt. Bisher gingen die meisten Berechnungen davon aus, dass dieser Austausch symmetrisch ist – das heißt, dass CO₂ mit der gleichen Rate in den Ozean gelangt und ihn wieder verlässt.

Foto Ming Xi Yang Plymouth Marine Laboratory
„Mit unserer Studie stellen wir diese Annahme, die sogenannte symmetrische Flussformulierung, grundlegend in Frage“, sagt Erstautor Dr. Yuanxu Dong, Humboldt-Stipendiat am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und der Universität Heidelberg. Da diese Annahme in Kohlenstoffkreislauf- und Klimamodellen weit verbreitet ist, könnten viele frühere Schätzungen systematisch verzerrt sein.
Wenn Wellen Luft verschlucken
In Regionen mit starkem Wind und hohem Wellengang reißen brechende Wellen Luftblasen ins Wasser. Diese Blasen wirken wie winzige Transportkapseln: Unter dem erhöhten Druck unter der Wasseroberfläche löst sich CO₂ besonders effizient im Meerwasser. Vereinfacht gesagt, wird das Gas nicht nur ausgetauscht, sondern aktiv ins Wasser „gedrückt“.
Dieser durch Blasen vermittelte Gastransfer begünstigt die CO2 – Aufnahme wesentlich stärker als die Ausgasung – ein asymmetrischer Effekt, der zwar zuvor vermutet, aber nie direkt anhand von Felddaten nachgewiesen wurde.
Erste direkte Beweise aus Beobachtungen
In der Studie analysierte ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Plymouth Marine Laboratory und des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel in Zusammenarbeit mit der Heriot-Watt University insgesamt 4.082 Stunden hochwertiger Messungen des CO₂-Austauschs zwischen Atmosphäre und Meer . Die Daten wurden im Rahmen von 17 Forschungsexpeditionen in verschiedenen Meeresregionen erhoben.
Mithilfe einer neu entwickelten zweidimensionalen Analysemethode konnten die Forscher erstmals direkt anhand von Beobachtungsdaten nachweisen, dass der Gasaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre tatsächlich asymmetrisch ist. Auf dieser Grundlage berechnete das Team die globalen CO₂-Flüsse zwischen Ozean und Atmosphäre für den Zeitraum von 1991 bis 2020 neu. Das Ergebnis: Im Durchschnitt absorbierte der Weltozean jährlich etwa 0,3 bis 0,4 Petagramm mehr Kohlenstoff – rund 15 Prozent mehr als bisher angenommen.
Besonders starke Wirkung im Südlichen Ozean
Der Effekt variiert regional. Die zusätzliche CO₂ – Aufnahme ist besonders ausgeprägt in Regionen mit häufigen starken Winden und brechenden Wellen, wie beispielsweise im Südlichen Ozean – einem Gebiet, in dem bereits einige der gravierendsten Auswirkungen des Klimawandels zu beobachten sind.
Auch saisonale Unterschiede spielen eine Rolle: Im Winter, wenn Stürme häufiger auftreten, verstärkt sich der asymmetrische Effekt noch. Insgesamt erhöhen die revidierten Berechnungen den Anteil der Meeresoberfläche, der als Netto-CO₂-Senke wirkt, deutlich .
Auswirkungen auf Klimamodelle und den globalen Kohlenstoffhaushalt
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Rolle der Ozeane als CO₂ – Senke bisher unterschätzt wurde. Gleichzeitig wird die Diskrepanz zwischen beobachtungsbasierten Schätzungen und den Ergebnissen vieler globaler Klimamodelle noch deutlicher.
Entdecke mehr von Pugnalom
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

