An der Empa ist es Forschenden erstmals gelungen, die ungeordnete atomare Struktur von amorphem Aluminiumoxid mit hoher Genauigkeit zu modellieren. Das Material, bekannt als Al2O3, ist in der Natur als Mineral Korund sowie in Form von Saphir und Rubin verbreitet und findet in Elektronik, chemischer Industrie und technischer Keramik breite Anwendung. Besonders amorphes Aluminiumoxid wird wegen seiner einheitlichen Schutzbeschichtungen und ultradünnen Passivierungsschichten in High-Tech-Anwendungen geschätzt. Doch auf atomarer Ebene blieb es bislang ein Rätsel, da es keine regelmäßige, kristalline Struktur besitzt, was die Untersuchung und Modellierung erschwert. Unter der Leitung von Vladyslav Turlo vom Labor „Advanced Materials Processing“ in Thun entwickelte ein interdisziplinäres Team ein neues Modell, das experimentelle Daten, Hochleistungssimulationen und maschinelles Lernen kombiniert. Dieses Modell beschreibt die atomare Anordnung in amorphen Al2O3-Schichten.

Für die Entwicklung wurden amorphe Dünnschichten mittels Atomlagenabscheidung hergestellt und in Zusammenarbeit mit den Empa-Laboren „Mechanics of Materials and Nanostructures“ und „Joining Technologies and Corrosion“ in Dübendorf untersucht. Eine besondere Herausforderung war die Berücksichtigung von Wasserstoffatomen, die je nach Herstellungsmethode im Material enthalten sind und dessen Eigenschaften beeinflussen.
Mit der innovativen Spektroskopiemethode HAXPES, die nur an der Empa verfügbar ist, konnte der chemische Zustand von Aluminium analysiert und die Verteilung des Wasserstoffs im Material abgeleitet werden. Dabei zeigte sich, dass Wasserstoff ab einem bestimmten Gehalt die Dichte des Materials verringert, indem er sich an Sauerstoff bindet.
Dieses neue Verständnis der atomaren Struktur eröffnet Perspektiven für die Herstellung von grünem Wasserstoff. Amorphes Aluminiumoxid gilt als vielversprechendes Material für Membranen, die Wasserstoff von Sauerstoff trennen, etwa bei der Wasserstoffproduktion mit erneuerbaren Energien. Das Modell liefert Einblicke, wie der Wasserstoffgehalt die Durchlässigkeit für Gasmoleküle beeinflusst, und soll künftig die gezielte Entwicklung solcher Membranen ermöglichen. Darüber hinaus kann das Modell die Optimierung von Materialeigenschaften wie Mechanik, Optik oder Durchlässigkeit bei allen Anwendungen von amorphem Aluminiumoxid vorantreiben und langfristig auf andere amorphe Materialien übertragen werden. Dank maschinellem Lernen wurde die Simulationszeit von potenziell Milliarden Jahren auf etwa einen Tag reduziert, was einen Durchbruch in der Materialforschung markiert.
Originalpublikationen
S Gramatte, O Politano, N Jakse, C Cancellieri, I Utke, LPH Jeurgens, V Turlo: Unveiling hydrogen chemical states in supersaturated amorphous alumina via machine learning-driven atomistic modeling; npj Computational Materials (2025); doi: 10.1038/s41524-025-01676-5
C Cancellieri, S Gramatte, O Politano, L Lapeyre, FF Klimashin, K Mackosz, I Utke, Z Novotny, AM Müller, C Vockenhuber, V Turlo, LPH Jeurgens: Effect of hydrogen on the chemical state, stoichiometry and density of amorphous Al2O3 films grown by thermal atomic layer deposition; Surface and Interface Analysis (2024); doi: 10.1002/sia.7282
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