Die Europäische Union steht vor einer Entscheidung, die als Weihnachtsgeschenk für die Agrarindustrie getarnt ist, aber in Wahrheit ein Schlag gegen den Umweltschutz und die Verbrauchergesundheit darstellt. Die EU-Kommission plant, die Zulassung von Pestizid-Wirkstoffen von derzeit zeitlich befristeten Perioden auf unbefristete Genehmigungen umzustellen. Diese Änderung, die durch ein Leak vorab bekannt wurde, könnte bereits am 16. Dezember 2025 in Kraft treten und würde die Pflicht zur periodischen Überprüfung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) weitgehend abschaffen. Statt alle 10 bis 15 Jahre eine erneute Risikobewertung vorzunehmen, sollen Wirkstoffe – mit Ausnahmen für besonders gefährliche Fälle – ewig gültig bleiben. Lange Übergangsfristen würden zudem sicherstellen, dass selbst bei einem Verbot noch jahrelang Rückstände in Lebensmitteln nachweisbar sind. Diese Initiative, die vom EU-Kommissar für Gesundheit Olivér Várhelyi vorangetrieben wird, widerspricht den Zielen des Green Deals und ignoriert die wachsende Krise des Insektensterbens, das maßgeblich durch Pestizide befeuert wird. In einer Zeit, in der Biodiversitätsverluste die Nahrungssicherheit bedrohen, stellt diese Planung einen unverantwortlichen Rückschritt dar, der die Interessen von Konzernen wie Bayer und BASF über die der Bürger stellt.
Die Kritik an dieser Regelung ist berechtigt und muss klar formuliert werden: Sie untergräbt das Vorsorgeprinzip, das in der EU-Rechtsprechung verankert ist. Bisherige Überprüfungen haben seit 2011 rund 50 Wirkstoffe verboten, weil neue Erkenntnisse zu ihrer Toxizität auftraten – von Neurotoxinen bis hin zu Stoffen, die endokrine Störungen verursachen. Ohne diese Kontrollen riskieren wir, dass schädliche Substanzen unkontrolliert im Umlauf bleiben. Die Kommission argumentiert mit bürokratischer Entlastung und schnellerer Zulassung neuer Mittel, doch dies ignoriert, dass der Markt bereits überschwemmt ist: In der EU sind derzeit über 450 aktive Wirkstoffe zugelassen, von denen viele in Kombinationen eingesetzt werden und kumulative Effekte entfalten. Umweltorganisationen wie PAN Europe warnen, dass dies die Wissenschaft zugunsten der Industrie opfert und langfristig zu höheren Kosten für Sanierungen von Böden und Gewässern führt. Statt Lockerungen bräuchte die EU strengere Grenzwerte und einen echten Ausstieg aus gefährlichen Chemikalien, wie es der Sustainable Use of Pesticides Directive vorsieht, die 50 Prozent Reduktion bis 2030 anstrebt.

Die dramatischen Auswirkungen auf das Insektensterben: Pestizide als Haupttreiber
Das Insektensterben stellt eine der drängendsten Umweltkrisen dar, und Pestizide tragen maßgeblich dazu bei. In Europa ist der Rückgang der Insektenbiomasse in manchen Regionen auf 75 Prozent über 25 Jahre geschätzt, selbst in geschützten Gebieten. Studien aus dem Jahr 2025 bestätigen, dass dieser Verlust nicht nur auf Habitatzerstörung oder Klimawandel zurückzuführen ist, sondern zunehmend auf chemische Belastungen. Selbst in unberührten Naturräumen sinken Populationszahlen, was auf diffuse Verschmutzung hinweist – Pestizidrückstände gelangen über Wind, Wasser und Nahrungsketten in abgelegene Areale. In Großbritannien zeigten Messungen mit Insektenfallen einen Rückgang von 8 Prozent allein zwischen 2024 und 2025, mit schärfsten Einbrüchen in landwirtschaftlich genutzten Zonen.
Wissenschaftliche Evidenz unterstreicht die Kausalität: Neonicotinoide und Organophosphate, weit verbreitete Insektizide, stören das Nervensystem von Insekten und führen zu Subletaldosen, die Orientierung und Fortpflanzung beeinträchtigen. Eine Meta-Analyse aus 2025 schätzt, dass ein hypothetischer Kollaps wilder Bestäuber bis 2030 die Erträge europäischer Kulturen um 8 Prozent senken würde, was jährlich Milliarden an wirtschaftlichen Verlusten bedeutet. In Deutschland, wo der Rückgang seit den 1980er Jahren dokumentiert ist, korreliert der Einsatz von Glyphosat und ähnlichen Herbiziden direkt mit Artenverlusten bei Schmetterlingen und Wildbienen. Die EU hat trotz Kenntnis dieser Fakten Dutzende schädlicher Mittel autorisiert, was den Widerspruch zur geplanten unbefristeten Zulassung verschärft. Statt Schutzmaßnahmen zu verstärken, würde die Regelung den Druck auf Bestäuber erhöhen, da ältere, potenziell toxischere Stoffe länger im Verkehr bleiben.
Die Konsequenzen reichen über Ökosysteme hinaus: Insekten bilden die Basis der Nahrungskette. Ihr Verlust bedroht Vögel, Fledermäuse und Amphibien, was zu einer Kaskade von Artensterben führt. Landwirtschaftlich wirkt sich dies aus, da Bestäubung natürlicherweise 35 Prozent der globalen Nahrung produziert – in der EU allein 15 Milliarden Euro jährlich. Die Kommissionspläne ignorieren diese Zusammenhänge und priorisieren kurzfristige Erträge. Eine klare Kritik: Dies ist nicht nur wissenschaftlich unhaltbar, sondern politisch kurzsichtig, da es den Green Deal untergräbt und zukünftige Generationen mit degradierten Böden und höheren Importabhängigkeiten belastet.
Der Umfang der Pestizidzulassungen in der EU: Ein Markt der Überfluss
In der EU sind derzeit etwa 450 aktive Wirkstoffe für Pflanzenschutzmittel zugelassen, die in Tausenden von Produkten vorkommen. 12 Diese Zahl umfasst Insektizide, Fungizide und Herbizide, von denen viele in Kombinationen angewendet werden. Seit Mai 2025 wurden 156 Substanzen nicht mehr erneuert, darunter nur wenige biologische Alternativen, was die Abhängigkeit von chemischen Mitteln unterstreicht. Die EFSA-Datenbank listet laufende Erneuerungen, doch die geplante Unbefristetheit würde diesen Prozess einfrieren und Innovationen behindern – warum neue, sicherere Mittel entwickeln, wenn alte ewig gelten?
Der Einsatz ist intensiv: Jährlich werden in der EU über 200.000 Tonnen Pestizide ausgebracht, mit steigender Tendenz in Intensivkulturen. Rückstände finden sich in 30 Prozent der Lebensmittelproben, oft als „Cocktails“ mit mehreren Stoffen. Die Kommission behauptet, es gäbe keinen Mangel, doch die Realität zeigt Übernutzung: In Weintrauben bis zu 27 verschiedene Rückstände pro Probe. Kritikpunkt: Die unbefristete Zulassung würde diese Trends verstärken, da keine Anreize für Reduktion bestehen. Stattdessen bräuchte es Investitionen in integrierten Pflanzenschutz, der Pestizide nur als letztes Mittel einsetzt.
Intensive Spritzungen in Obst- und Gemüsekulturen: Eine Übersicht
Besonders betroffen sind gängige Produkte wie Äpfel, Birnen, Tomaten, Gurken und Paprika, die in der EU-Konventionellbau routinemäßig mit Pestiziden behandelt werden. Der Einsatz erfolgt mehrmals pro Saison, um Schädlinge und Pilze zu bekämpfen, was zu hohen Rückstandslasten führt. Basierend auf EFSA-Berichten und nationalen Daten lässt sich der Umfang wie folgt zusammenfassen:
| Produkt | Typische Spritzungen pro Saison (EU-Durchschnitt) | Häufigkeit multipler Rückstände (%) | Häufigste Wirkstoffe (Beispiele) | Risikobewertung (EFSA 2023) |
|---|---|---|---|---|
| Äpfel | 20–35 | 25–40 | Boscalid, Dithianon, Captan | Hohes Risiko für Bestäuber |
| Birnen | 15–30 | 20–35 | Pyraclostrobin, Tebuconazol | Mittel bis hoch |
| Tomaten | 10–25 | 15–30 | Imidacloprid, Mancozeb | Niedrig, aber kumulativ |
| Gurken | 8–20 | 10–25 | Chlorothalonil, Acetamiprid | Mittel |
| Paprika | 12–28 | 30–45 | Fludioxonil, Cypermethrin | Hoch, multiple Exposition |
Diese Tabelle basiert auf Auswertungen der EU-Pestizidüberwachung 2023, ergänzt um nationale Berichte. Äpfel und Paprika weisen die höchsten Multi-Rückstände auf, mit bis zu 11 Stoffen pro Probe in 10 Prozent der Fälle. In Spanien und Italien, großen Produzenten, überschreiten 5 Prozent der Proben Grenzwerte, was zu Rückrufen führt. Für Verbraucher bedeutet das tägliche Exposition: Ein Apfel kann Spuren von Fungiziden enthalten, die über die Haut aufgenommen werden und langfristig zu hormonellen Störungen beitragen.
Die geplante Regelung würde diese Praktiken perpetuieren. Ohne Überprüfungen könnten Stoffe wie Phosmet, das 2022 verboten wurde, länger im Einsatz bleiben und Insekten weiter schädigen. 11 Kritik: Die Kommission verschiebt das Risiko auf Verbraucher und Landwirte, die trotz Schutzkleidung exponiert sind – Studien zeigen doppelt so hohe Belastungen bei Farmern.
Gesundheits- und Umweltauswirkungen: Kumulative Risiken
Pestizide sind nicht nur Insektenkiller, sondern belasten auch Mensch und Natur. Rückstände in Lebensmitteln korrelieren mit steigenden Fällen von Krebs, Fruchtbarkeitsstörungen und neurologischen Erkrankungen, insbesondere bei Kindern. In der EU überschreiten 2–3 Prozent der Proben MRLs (Maximum Residue Levels), doch kumulative Effekte werden unterschätzt. Umweltseitig verschmutzen sie Grundwasser und Böden; in der EU sind 24 Prozent der Gewässer pestizidbelastet. Die Unbefristetheit würde Sanierungen erschweren und Biodiversitätsziele torpedieren.
Kritik an der Kommission: Der Plan widerspricht der Farm-to-Fork-Strategie und ignoriert Gerichtsurteile, die strenge Überprüfungen fordern. Er begünstigt Exporteure, die verbotene Stoffe in Importe reinschleusen, und schwächt den Binnenmarkt.
Alternativen und Wege vorwärts
Statt Lockerungen braucht die EU Förderung biologischer Alternativen: In der Bio-Landwirtschaft sinkt der Pestizideeinsatz um 90 Prozent, Erträge sind vergleichbar. Präzisionslandwirtschaft mit Drohnen und KI reduziert Spritzungen um 30 Prozent. Die Kommission sollte den Fokus auf diese Innovationen legen, nicht auf Deregulierung.
Genug ist genug: Zeit für Widerstand
Die geplante Pestizidlockerung ist ein Skandal, der mit harten Fakten entlarvt werden muss. Sie bedroht Insekten, Gesundheit und Nachhaltigkeit. Bürger sollten protestieren, um diesen Rückschritt zu stoppen – die Chance ist jetzt.
Verifizierte Quellen
- https://www.euractiv.com/news/exclusive-commission-plans-indefinite-approval-for-most-pesticide-substances/
- https://www.pan-europe.info/press-releases/2025/11/eu-commission-proposes-unlimited-pesticide-approvals-science-abandoned
- https://corporateeurope.org/en/2025/12/take-action-against-next-deregulation-commission-stand-pesticide-safeguards
- https://table.media/agrifood/news-en/pesticides-eu-commission-considers-unlimited-authorization
- https://www.ansa.it/english/news/world/2025/11/25/eu-mulls-unlimited-permits-for-pesticide-active-substances_f4be3245-c9c4-4600-a4f5-dd80d3646eb8.html
- https://www.reddit.com/r/europe/comments/1ph822v/eu_commission_proposes_unlimited_pesticide/
- http://www.eureau.org/news/1044-eureau-newsletter-november-2025
- https://www.europarl.europa.eu/legislative-train/theme-a-european-green-deal/file-sustainable-use-of-pesticides-%25E2%2580%2593-revision-of-the-eu-rules?sid=9401
- https://www.npr.org/2025/09/12/nx-s1-5535551/insect-populations-human-interference-study
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- https://www.nature.com/articles/s41467-025-65414-7
- https://beyondpesticides.org/dailynewsblog/2024/09/continued-decline-in-insect-species-biodiversity-with-agricultural-pesticide-use-documented/
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- https://www.bayer.com/en/sustainability/our-views-on-insect-decline
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- https://agrinfo.eu/book-of-reports/latest-pesticide-approvals-renewals-and-extensions-2025/
- https://www.pan-europe.info/sites/pan-europe.info/files/public/resources/briefings/Biocontrol%2520Briefing%2520.docx.pdf
- https://apps.fas.usda.gov/newgainapi/api/Report/DownloadReportByFileName?fileName=EU%2520Early%2520Alert%2520-%2520Pesticide%2520Review%2520-%2520March%25202025_Brussels%2520USEU_European%2520Union_E42025-0004
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- https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0045653524027607?dgcid=rss_sd_all
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- https://www.mdpi.com/2304-8158/14/9/1470
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- https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC12076349/
- https://www.efsa.europa.eu/sites/default/files/corporate_publications/files/Pesticides-ebook-180424.pdf
- https://www.efsa.europa.eu/en/applications/pesticides/faq
- https://www.efsa.europa.eu/en/supporting/pub/en-9320
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