Eine aktuelle Studie des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie und der Universität Turku zeigt, dass die Machtverhältnisse bei Berggorillas weniger männlich dominiert sind als bisher angenommen. Die Analyse von drei Jahrzehnten Verhaltensbeobachtungen in freilebenden Gorilla-Gruppen widerlegt die traditionelle Vorstellung einer universalen männlichen Dominanz bei Säugetieren und deutet darauf hin, dass das Patriarchat beim Menschen eher ein kulturelles Konstrukt als ein evolutionäres Erbe ist.
Obwohl männliche Gorillas durch ihre größere Körpergröße und stärkere Eckzähne als dominant galten, belegen die Daten, dass weibliche Gorillas in Gruppen mit mehreren Männchen oft mindestens einem Männchen überlegen sind. Trotz ihres geringeren Gewichts gewinnen Weibchen etwa jeden vierten Konflikt und dominieren jedes vierte Nicht-Alpha-Männchen, unterstützt durch Alpha-Männchen oder weil Nicht-Alpha-Männchen Konflikte vermeiden, um in der Gruppe zu bleiben. Zudem haben Weibchen Vorrang bei bestimmten Nahrungsressourcen, was die Annahme widerlegt, dass Männchen und Weibchen um unterschiedliche Ressourcen konkurrieren.
Die Ergebnisse, basierend auf Langzeitbeobachtungen im Bwindi-Nationalpark, zeigen, dass neben Körpergröße und Stärke andere Faktoren die Machtverhältnisse beeinflussen. Weibchen wählen zudem ihre Fortpflanzungspartner, was ihre Macht stärkt. Die Studie erweitert das Verständnis der Geschlechterdynamiken bei Menschenaffen, die von weiblicher Dominanz bei Bonobos bis zu männlicher Dominanz bei Schimpansen reichen. Sie stellt infrage, dass Patriarchat ein natürliches Erbe der Primaten ist, und betont die Komplexität von Machtverhältnissen, die nicht allein durch physische Merkmale bestimmt werden.
Originalpublikation
Nikolaos Smit, Martha M. Robbins
Female mountain gorillas can outrank non-alpha males
Current Biology, 7 August 2025, https://doi.org/10.1016/j.cub.2025.07.006
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