Wie die Blüte von Gräsern – zu denen auch die Gerste zählt – aussieht, wird von Meristemen (Bildungsgeweben) gesteuert, die die Stammzellen der Pflanzen beheimaten. BiologInnen der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) haben nun ein bestimmtes Peptid und den zugehörigen Rezeptor identifiziert, die das Wachstum von Blütenständen in zwei Achsen bestimmen. Dass davon auch die Zahl der gebildeten Gerstenkörner abhängt, erläutern sie in einer Studie im Fachmagazin Nature Communications.

Gräser haben viele verschiedene Formen von Blütenständen entwickelt. Wie die Körner darin angeordnet sind, ist vielfältig: Einige Arten bilden komplexe, verzweigte Blütenstände, die mehrere Körner tragen; andere wie die Gerste weisen viel einfachere Blütenstände auf. Bei der Gerste werden die einzelnen Körner jeweils an einer kurzen Achse, der sogenannten Rachilla, gebildet.
Diese Unterschiede in der Blütenarchitektur werden schon früh während der Pflanzenentwicklung angelegt. Dabei bestimmen Größe, Position und Lebensdauer der Meristeme, wie der Blütenstand letztendlich geformt wird. Ein Team von WissenschaftlerInnen unter der Leitung von Prof. Dr. Rüdiger Simon vom Institut für Entwicklungsgenetik der HHU hat nun einen Signalweg entdeckt, der die Aktivität bestimmter Meristeme in der Gerste reguliert. In Nature Communications beschreiben sie, dass ein kleines, von Zellen der Rachilla sekretiertes Peptid namens HvFCP1 mit einem auf der Plasmamembran lokalisierten Rezeptor namens HvCLV1 interagiert und so das Wachstum der Meristeme entlang der vertikalen und horizontalen Achsen steuert. Dies bestimmt letztlich die Gestalt des Gerstenblütenstandes.
Die Forschenden untersuchten auch, was passiert, wenn die Gene mutieren, die für die Bildung von HvFCP1 oder HvCLV1 verantwortlich sind. In diesen Fällen entwickeln die Pflanzen vergrößerte Blütenstände und Rachillen. Die Blütenstände dieser Gerstenmutanten – mit Bildung von mehreren Blüten (und später Körnern) von einer Rachilla – ähneln dann in ihrer Architektur den Blütenständen von Weizen.
Die StudienautorInnen kombinierten in ihren Forschungen eine Genfunktionsanalyse auf zellulärer Ebene mit einer detaillierten phänotypischen Charakterisierung mit Hilfe von Rasterelektronen- und Fluoreszenzmikroskopie. Die Entdeckung ermöglicht, die Blütenstände von Gräsern neu zu gestalten. Indem Forschende das Stammzellsystem der Gerste genauer verstehen, können sie beispielsweise die Zahl der Körner erhöhen und somit zu einer höheren landwirtschaftlichen Produktion beitragen.
Die Forschungen sind eine Gemeinschaftsarbeit der durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Forschergruppe „Cereal Stem Cell Systems“ (CSCS) und des Exzellenzclusters für Pflanzenforschung CEPLAS an der HHU.
Originalpublikation:
Vardanega, I., Maika, J.E., Demesa-Arevalo, E., Lan, T., Kirschner, G.K., Imani, J., Acosta, I., Makowska, K., Hensel, G., Ranaweera, T., Shiu, S.H., Schnurbusch, T, von Korff, M. and Simon, R. CLAVATA signalling shapes barley inflorescence by controlling activity and determinacy of shoot meristem and rachilla. Nature Communications 16, 3937 (2025).
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