Weltmoskitotag: Gefahr durch importierte Stechmücken wächst

Durch | August 21, 2025

Zum Weltmoskitotag am 20. August hebt das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) die wachsende Bedrohung durch Stechmücken in Deutschland hervor. Durch den Klimawandel – mit steigenden Temperaturen, milderen Wintern und veränderten Niederschlägen – siedeln sich invasive Mückenarten wie die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) und Asiatische Buschmücke (Aedes japonicus) in Deutschland an. Diese Arten können Krankheitserreger wie Dengue-, Chikungunya-, West-Nil– oder Oropouche-Viren übertragen, die hierzulande bisher selten waren.

Credits: Towfiqu barbuhiya, unsplash
Credits Towfiqu barbuhiya unsplash

BNITM-Forschende untersuchen, wie sich diese Mückenarten verbreiten, welche Erreger sie übertragen und wie Künstliche Intelligenz (KI) ihre Überwachung verbessert. Am 4. September 2025 lädt das Institut die Öffentlichkeit ein, diese Forschung kennenzulernen.

Studien des BNITM zeigen, dass die Asiatische Tigermücke in Süddeutschland Fuß gefasst hat und das Chikungunya-Virus auch bei niedrigen Temperaturen vermehren kann, allerdings bei Kälte kaum fliegt, was das Infektionsrisiko reduziert. Außerdem haben die Forschenden nachgewiesen, dass Aedes albopictus bei hohen Temperaturen das Tahyna-Virus, das grippeähnliche Symptome auslöst, übertragen kann, ebenso wie die heimische Mücke Aedes rusticus. Bei höheren Temperaturen kann Aedes albopictus zudem das Oropouche-Virus, bekannt aus Südamerika, übertragen – allerdings in geringerem Maße. Globale Reise- und Handelsbewegungen bergen dabei ein erhebliches Einschleppungsrisiko.

Eine weitere Untersuchung ergab, dass Aedes japonicus potenziell Alphaviren wie das Sindbis- oder das Westliche Pferdeenzephalitisvirus übertragen könnte, wobei Ko-Infektionen mit insektenspezifischen Viren die Übertragung beeinflussen.

Ein Durchbruch gelang mit KI-gestützter Mückenbestimmung: BNITM-Wissenschaftler entwickelten eine Flügelbild-Datenbank und trainierten neuronale Netze, um Stechmückenarten anhand ihrer Flügelmuster schnell und präzise zu identifizieren. Dieses System ermöglicht eine effizientere Überwachung, insbesondere in Regionen mit wenigen Expert:innen, und unterstützt Frühwarnsysteme, um die Ausbreitung gefährlicher Mückenarten frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen.

Infoveranstaltung über die aktuelle Stechmückenforschung

Die Veranstaltung richtet sich an alle Interessierten. Neben Vorträgen gibt es Gelegenheit für Fragen und Diskussionen mit den Forschenden.

Die Referierenden geben Einblicke in die Geschichte der Stechmückenforschung am BNITM sowie in aktuelle Projekte:

• Dr. Renke Lühken, Leiter der Gruppen Arbovirus-Ökologie und Vektorkontrolle, schaut in die Vergangenheit der Stechmückenforschung am BNITM — von der Gründung der Abteilung Entomologie im Jahr 1912 über das Verschwinden der Malaria in Deutschland bis hin zur großräumigen Verbreitung durch Stechmücken übertragener Viren im 21. Jahrhundert.

• Dr. Anna Heitmann, Leiterin einer Laborgruppe und der Arthropodenzucht am BNITM, berichtet von ihrer Arbeit in einem Hochsicherheits-Insektarium und wie sie testet, welche Viren heimische und eingeschleppte Stechmücken übertragen können.

• Kristopher Nolte, Doktorand in der Gruppe Vektorkontrolle, stellt eine KI-gestützte Methode vor, die Stechmückenarten automatisch erkennt.

Termin: Donnerstag, 4. September 2025, 18 bis 20 Uhr
Ort: Historischer Hörsaal des BNITM, Bernhard-Nocht-Straße 74, 20359 Hamburg
Eintritt: frei
Weitere Informationen und Anmeldung: https://www.bnitm.de/aktuelles/veranstaltungen/bnitm125-forschen-heilen-lehren-2025

Über den Weltmoskitotag

Der Weltmoskitotag macht jedes Jahr am 20. August auf die Gefahr aufmerksam, die von Stechmücken ausgeht. Weltweit gibt es mehr als 3.500 Stechmückenarten. Viele von ihnen können Infektionserreger auf den Menschen übertragen, wie den Malariaparasiten, Dengue-, Zika-, Chikungunya-Viren und weitere mehr. Der Weltmoskitotag will ein Bewusstsein dafür schaffen, wie wichtig die Erforschung dieser Krankheiten und der Übertragungsmechanismen ist. Und er mahnt, Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbreitung von Stechmücken einzudämmen.
Der Tag erinnert an den 20. August 1897, als der britische Tropenmediziner Sir Ronald Ross nachwies, dass der Malariaparasit von weiblichen Stechmücken der Gattung Anopheles übertragen wird. Damit revolutionierte er nicht nur die Malariaforschung und -bekämpfung. Seine Erkenntnisse sind noch heute grundlegend, um Epidemien zu verstehen, die von Insekten ausgehen. 1902 erhielt Ross den Nobelpreis für Medizin oder Physiologie.

Originalpublikationen

Lühken R. et al. „High vector competence for chikungunya virus but heavily reduced locomotor activity of Aedes albopictus from Germany at low temperatures.” Parasites & Vectors 2024
Höller P. et al. “Vector competence of mosquitoes from Europe for Tahyna virus.” Scientific Reports 2025
Jansen S. et al. “The impact of temperature and insect-specific viruses on the transmission of alphaviruses by Aedes japonicus japonicus.” Microbiology Spectrum 2025
Jansen S.*, Lühken R.* et al. “Risk assessment of Oropouche virus transmission by mosquitoes in Europe.” The Journal of Infectious Diseases 2025 (*geteilte Erstautorenschaft)
Nolte K. et al. “Robust mosquito species identification from diverse body and wing images using deep learning.” Parasites and Vectors 2024
Sauer F. G. et al. “A convolutional neural network to identify mosquito species (Diptera: Culicidae) of the genus Aedes by wing images.” Scientific Reports 2024
Nolte K. et al. “Comprehensive Mosquito Wing Image Repository for Advancing Research on Geometric Morphometric- and AI-Based Identification.” Scientific Data 2025

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