Wüstenbildung bedroht Artenvielfalt im südafrikanischen Richtersveld

Durch | August 20, 2025

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Hamburg hat im subsaharischen Afrika eine beispiellose Wüstenausbreitung dokumentiert, die den global bedeutenden Biodiversitäts-Hotspot Richtersveld in Südafrika bedroht. Die Studie dokumentiert einen dramatischen Rückgang der Vegetation und Artenvielfalt in dem 10.000 Quadratkilometer großen Gebiet, das etwa halb so groß wie Hessen ist.

Ein Vergleich von zwei Landschaftsaufnahmen: Oben ein historisches Bild des Richtersveld mit Vegetation und landwirtschaftlichen Gebäuden, unten eine aktuelle Aufnahme, die die Wüstenausbreitung und Wüstenlandschaft zeigt.
Credits Universität Hamburg

Die Bilder erinnern an die „Dust Bowl“-Katastrophe der 1930er-Jahre in den USA: Ehemals fruchtbares Weideland wird von Sand begraben, verlassene Farmhäuser von Dünen verschüttet. Botaniker und Bodenkundler der Universität Hamburg, zusammen mit Forschenden aus Südafrika und Namibia, analysierten Daten aus 45 Jahren, Satellitenbilder und historische Fotos von 1914. Ihre Erkenntnisse zeigen, dass die schleichende Verarmung der Pflanzenwelt bereits vor Jahrzehnten begann und trotz des Endes einer extremen Dürreperiode (2012–2022) anhält.

Der Artenverlust folgt einem Muster: Zunächst verschwinden langlebige, wasserspeichernde Zwergsträucher, die den Boden stabilisieren. Diese werden von salzliebenden Pflanzen ersetzt, die den Boden nicht dauerhaft schützen können. Wind trägt den fruchtbaren Boden ab, wodurch vegetationsfreie Sandflächen entstehen, die kaum noch begrünt werden können. Dieser Wandel der Bodeneigenschaften wird zum Kipppunkt für den Verlust der Biodiversität. Von etwa 1.000 endemischen Pflanzenarten im Richtersveld, die weltweit einzigartig sind, gelten über 400 als bedroht.

Ursachen für die Wüstenbildung sind der Klimawandel mit höheren Temperaturen, stärkeren Winden und längeren Dürren sowie menschliche Aktivitäten. Minengesellschaften lassen offene Tagebaustätten zurück, die Sand mobilisieren, der wie ein Sandstrahl die Vegetation zerstört. Überweidung durch Ziegen, Schafe und Rinder verstärkt den Prozess. Besonders im Norden des Richtersvelds wurden sukkulente Sträucher durch Wüstengräser ersetzt, im Süden und Westen sind über 400 Quadratkilometer – viermal so groß wie Sylt – unter Sand begraben.

Die Forschenden schlagen Maßnahmen vor, um die Wüstenbildung zu stoppen: strenge Kontrolle der Minen, Begrenzung der Beweidung und Naturschutzgebiete ohne Landnutzung oder Offroad-Befahrung. Auch Projekte für erneuerbare Energien wie Photovoltaik und Windkraft müssten so geplant werden, dass sie die empfindliche Region nicht weiter schädigen, sondern Renaturierung fördern.

Originalpublikation

A perfect storm: unprecedented expansion of the Namib Desert and cascading desertification processes in the northernmost Succulent Karoo – ScienceDirect

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