Der bevorstehende UN-Klimagipfel COP30 in der brasilianischen Hafenstadt Belém wird voraussichtlich unter schwierigen geopolitischen Bedingungen stattfinden und sich auf zwei zentrale Bereiche konzentrieren: die Finanzierung von Klimaanpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern sowie den Schutz der Tropenwälder. Experten des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig sehen hier trotz globaler Spannungen Chancen für Fortschritte, während ein umfassender Durchbruch in anderen Klimathemen unwahrscheinlich erscheint.
Der Austragungsort Belém am Rande des Amazonasbeckens unterstreicht den thematischen Schwerpunkt auf naturbasierte Lösungen. Das Amazonasgebiet, das eine Fläche von rund sechs Millionen Quadratkilometern umfasst und als weltweit größter zusammenhängender Regenwald gilt, hat seine Rolle als CO₂-Senke verloren. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass der Wald jährlich etwa 13,9 Milliarden Tonnen Kohlendioxid aufnimmt, aber 16,6 Milliarden Tonnen freisetzt – ein Nettobeitrag zur Erderwärmung. Viele Wissenschaftler warnen vor einem nahenden Kipppunkt, bei dem der Regenwald irreversibel geschädigt werden könnte. Nach den letzten drei COP-Veranstaltungen in Öl produzierenden Ländern wie Ägypten, Aserbaidschan und den Vereinigten Arabischen Emiraten wird in Belém ein Wechsel hin zu naturnahen Themen erwartet, unterstützt durch die brasilianische Regierung unter Präsident Lula da Silva und Umweltministerin Marina Silva.

Geopolitische Konflikte, Kriege sowie der Rückzug der USA und Argentiniens aus der UN-Klimarahmenkonvention erschweren die Vorbereitungen. Die COP-Präsidentschaft priorisiert daher Themen mit realistischen Erfolgsaussichten. Im Bereich der Klimaanpassung bleibt die Finanzierungslücke enorm: Entwicklungsländer benötigen bis 2035 jährlich zwischen 310 und 365 Milliarden US-Dollar, doch 2023 flossen lediglich 26 Milliarden US-Dollar aus öffentlichen Quellen – ein rückläufiger Trend. Das im Pariser Abkommen festgelegte Global Goal on Adaptation, das Anpassungsfähigkeit, Resilienz und Vulnerabilitätsreduktion gleichwertig zur Emissionsminderung behandeln soll, wird systematisch verfehlt. Frühere Zusagen, wie die Verdopplung auf 40 Milliarden US-Dollar bis 2025 aus Glasgow 2021, sind nicht eingehalten worden.
Die Baku Adaptation Roadmap dient als Verhandlungsgrundlage, zielt jedoch auf die Messbarkeit von über 100 lokalen Unterzielen in Bereichen wie Krisenprävention und Katastrophenmanagement ab – ein komplexes Unterfangen, das in Vorverhandlungen wiederholt scheiterte. UFZ-Analysen prognostizieren für COP30 lediglich eine Weiterentwicklung dieser Roadmap, ohne substanzielle Finanzierungsfortschritte. Greifbare Ergebnisse werden erst zur globalen Bestandsaufnahme 2028 erwartet.
Stattdessen rückt der Tropenwaldschutz in den Vordergrund, insbesondere seine Finanzierung. Bisherige Programme scheiterten oft an wirtschaftlichen Anreizen für Abholzung. Brasilien schlägt mit der Tropical Forest Forever Facility (TFFF) ein neues Modell vor: Zahlungen für messbare Ökosystemleistungen wie CO₂-Speicherung und Biodiversitätserhalt, bis zu vier US-Dollar pro Hektar. Private und öffentliche Investoren sollen auf einer Plattform kooperieren; OECD-Länder könnten mit 25 Milliarden US-Dollar Hebelwirkung für insgesamt 125 Milliarden US-Dollar erzeugen, indem Mittel in Schwellenländer-Anleihen fließen. Belohnungen für Schutz und Strafen für Abholzung sollen nationale Anreize schaffen und fragmentierte Projekte ersetzen. Kritiker bemängeln spekulative Elemente durch Risikobewertungen, doch Befürworter heben den ganzheitlichen Ansatz hervor.
Trotz des Naturschwerpunkts werden Debatten um den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unvermeidlich sein. UFZ-Experten wie Klimaökonom Prof. Reimund Schwarze, Biodiversitätsforscherin Prof. Katrin Böhning-Gaese und Waldmodellierer Dr. Friedrich Bohn stehen für weitere Analysen zu Themen wie internationaler Klimapolitik, Verlusten und Schäden, nationalen Anpassungsplänen sowie Waldüberwachung zur Verfügung.
Das UFZ in Leipzig, mit rund 1.100 Mitarbeitern an Standorten in Leipzig, Halle und Magdeburg, erforscht Umweltveränderungen und entwickelt Lösungen in Bereichen wie Wasserressourcen, Ökosysteme und Klimamodellierung. Es wird vom Bund sowie den Ländern Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
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