Vom 22. bis 24. September 2025 veranstaltet die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg die 53. Deutschen Lebensmittelchemietage. Die Jahrestagung der Lebensmittelchemischen Gesellschaft (LChG), der größten Fachgruppe der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), widmet sich innovativen Lösungen für aktuelle Herausforderungen in der Lebensmittelqualität und im Verbraucherschutz.

Thema Fleischersatz
Warum schmecken viele Fleischersatzprodukte bitter oder grasig? Julia Heidenkampf von der TU München hat eine Antwort: Mit ihrem Team entschlüsselte sie die molekulare Formel des Fleischgeschmacks. Mithilfe des Sensomics-Konzepts identifizierte sie sieben Schlüsselgeschmacksstoffe und 28 Schlüsselgeruchsstoffe in einem Rindfleisch-Patty. Diese „molekulare Landkarte“ zeigt, was pflanzlichen Alternativen fehlt. In ihrem Vortrag erläutert Heidenkampf, wie durch gezielte Nachahmung dieser Moleküle pflanzliche Produkte geschmacklich optimiert werden können.
Thema Zucker
Jeder Deutsche isst im Schnitt acht Liter Speiseeis pro Jahr. Doch Zucker, der für die cremige Konsistenz sorgt, ist ungesund. Lisa J. Wagner vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zeigt eine Lösung: Ballaststoffe aus Nebenströmen der Lebensmittelproduktion wie Karottentrester, Lupinenfasern oder Johannisbeersamen können Zucker teilweise ersetzen, ohne die Cremigkeit zu beeinträchtigen. Wagner präsentiert, wie diese nachhaltige Methode zuckerreduziertes Eis ermöglicht.
Thema Käse
Kim Lara Gützkow vom Max Rubner-Institut in Kiel hat einen neuen Schadstoff entdeckt: methoxy-STC, eine potenziell erbgutschädigende Substanz, wurde erstmals in geriebenem Hartkäse vom Grana-Typ nachgewiesen. Ursache ist der Schimmelpilz Aspergillus versicolor. Auch pflanzliche Drinks sind betroffen: 71 Prozent der untersuchten Haferdrinks enthielten T2/HT2-Toxine, Mandeldrinks waren oft mit Aflatoxin B1 und Sterigmatocystin belastet. Gützkow erklärt, wie Hersteller ihre Prozesse verbessern können, um Verbraucher zu schützen.
Thema KI für Analysen
Dr. Jürgen Kuballa von GALAB Laboratories Hamburg zeigt, wie Künstliche Intelligenz die Lebensmittelanalyse revolutioniert. Mithilfe von Chemometrie und selbstlernenden Algorithmen lassen sich etwa Olivenölqualitäten per Fluoreszenzspektrometrie präzise bestimmen. Doch KI-Modelle sind oft eine „Black Box“, was die Validierung erschwert. Kuballa beleuchtet Chancen und Risiken dieser Technologie und stellt Leitlinien des GDCh-Arbeitskreises „Chemometrie & Qualitätssicherung“ vor.
Auszeichnungen
Die GDCh ehrt zwei Wissenschaftler für ihre Verdienste: Dr. Konrad Grob wird für seine Lebensleistung in der Lebensmittelanalytik ausgezeichnet. Er entwickelte die Kapillar-Gaschromatographie weiter und deckte Kontaminationen durch Mineralöle, Weichmacher und Druckfarben auf. Professor Dr. Reinhard Matissek erhält die Auszeichnung für vier Jahrzehnte Arbeit in der Lebensmittelsicherheit, darunter Strategien zur Minimierung gesundheitsschädlicher Stoffe wie Acrylamid.
Über die GDCh
Mit über 28.000 Mitgliedern ist die GDCh eine der größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Die Lebensmittelchemische Gesellschaft, mit über 2.500 Mitgliedern die größte Fachgruppe, fördert den Austausch und die Weiterentwicklung der Lebensmittelchemie.
Weitere Informationen
53. Deutsche Lebensmittelchemietage
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