Menschliche Gesellschaft: Landwirtschaft war nicht der Beginn der sozialen Ungleichheit

Durch | August 7, 2025

Eine neue Studie des Exzellenzclusters ROOTS an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel widerspricht der weit verbreiteten Annahme, dass die Einführung der Landwirtschaft in der Jungsteinzeit vor etwa 8.000 Jahren zwangsläufig zu sozialen Ungleichheiten in Europa führte. Die im Fachjournal „Science Advances“ veröffentlichte Untersuchung zeigt am Beispiel des Karpatenbeckens in Südosteuropa, dass weder die Landwirtschaft noch der Einsatz des Pflugs automatisch zu größerer sozialer Ungleichheit beitrugen.

Credits: KI generiert, Pugnalom
Credits KI generiert Pugnalom

Die Studie, die über mehrere Jahre im ROOTS-Subcluster „Ursprünge von Ungleichheiten“ in Zusammenarbeit mit WissenschaftlerInnen aus den USA durchgeführt wurde, analysierte archäologische Daten aus dem Karpatenbecken, einer Region, die als Zwischenstation für die Ausbreitung der Landwirtschaft aus dem Nahen Osten nach Mitteleuropa gilt. Dank umfangreicher Ausgrabungen bot die Region reichhaltige Daten zur Untersuchung sozioökonomischer Entwicklungen. Als Indikator für Ungleichheit diente unter anderem die Größe von Häusern, die als kostspieliger, vererbbarer Reichtum gilt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die soziale Ungleichheit, gemessen an der Hausgröße, vom frühen Neolithikum bis zur Bronzezeit kaum veränderte.

Zusätzlich wurden Daten zu Siedlungsgröße, -dauer und kollektiven Bauarbeiten wie Grabenbau analysiert. Bereits kurz nach der Ankunft der Landwirtschaft wurden Gräben für Verteidigungs- oder zeremonielle Zwecke angelegt, doch erst in der späten Bronzezeit um 1.400 v. u. Z. nahmen diese deutlich an Größe zu. Während frühe neolithische Siedlungen lange Bestand hatten, waren bronzezeitliche Siedlungen, einschließlich großer Festungen, kürzer bewohnt. Dies deutet darauf hin, dass Menschen Siedlungen verließen, in denen sich Hierarchien zu bilden begannen, und so die Macht ambitionierter Anführer einschränkten.

Die Studie zeigt keinen direkten Zusammenhang zwischen der Einführung der Landwirtschaft und wachsender sozialer Ungleichheit. Sie bestätigt frühere globale Studien, die den vermeintlichen Automatismus infrage stellen, und unterstreicht die Notwendigkeit weiterer regionaler Detailstudien, um die Mechanismen sozialer Hierarchien besser zu verstehen.

Fotoquelle: Neolithic man ploughing stock image | Look and Learn

Originalpublikation

Duffy, Paul R., Fynn Wilkes, Henry Skorna, Martin Furholt, Cait Dickie, Kata Furholt, Giacomo Bilotti, Johannes Müller, Gary M. Feinman 2025. Five thousand years of inequality in the Carpathian Basin. Science Advances. https://doi.org/10.1126/sciadv.adu0323

Lesen Sie auch

Frühe Menschen nahmen Einfluss auf Verfügbarkeit von Fleisch und auf aasfressende Tiere | Pugnalom

Erstmals Nachweis erbracht: Säugetiere wanderten saisonal schon während der Eiszeit | Pugnalom


Entdecke mehr von Pugnalom

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Autoren-Avatar
LabNews Media LLC
LabNews: Biotech. Digital Health. Life Sciences. Pugnalom: Environmental News. Nature Conservation. Climate Change. augenauf.blog: Wir beobachten Missstände

Kommentar verfassen