Ein zentraler Aspekt der Aktion „Deutschland sucht Igel und Maulwurf“ ist die Zählung von Maulwurfshügeln, da direkte Sichtungen von Maulwürfen aufgrund ihrer nachtaktiven und territorialen Lebensweise selten sind. Maulwurfshügel sind zwar ein sichtbares Zeichen für ihre Aktivität, und die Institutionen geben Hinweise, um diese zu identifizieren. Allerdings: Sind Laien wirklich in der Lage, Maulwurfshügel von Wühlmaushügeln zu unterscheiden? Und – wie ist es zu bewerten, dass zunehmend BürgerInnen zur Forschung beitragen?

Zur ersten Frage können wir von Pugnalom nur sagen: Die Verwechslungsgefahr ist enorm groß – und das nicht nur, da Wühlmäuse viel häufiger vorkommen als Maulwürfe. Selbst für Fachleute ist es schwierig, ohne zu graben einen Maulwurfshügel von einem Wühlmaushügel zu unterscheiden. So können Witterung und Alter Größe und Form der Hügel beeinflussen – ebenso wie die Zusammensetzung des Bodens, der Erdtyp, der Bewuchs und die Grabaktivität. Die potenzielle Fehlerquote bei der Identifikation von Hügeln ist ein kritischer Punkt, der letztlich die Zuverlässigkeit der Daten in Frage stellt und die Zahlen verfälscht. Aus diesem Grund könnte eine Überschätzung des Maulwurfbestands zu falschen Schlüssen über Verbreitung und Bestand führen, was wiederum die Entwicklung von Schutzstrategien beeinträchtigt, insbesondere in Gebieten, wo beide Arten vorkommen.
Dennoch halten wir Citizen-Science-Projekt grundsätzlich für wertvoll, da sie nicht nur ermöglichen, große Mengen an Daten zu sammeln, die für professionelle ForscherInnen allein schwer zu erheben wären. Sie fördern auch ein Bewusstsein für Biodiversität und Naturschutz. Die Grenzen solcher Projekte sollten trotzdem nicht ignoriert werden. Citizen Science kann die Arbeit der Profis nicht ersetzen, insbesondere bei komplexen Themen wie der Erfassung von Tierbeständen, wo präzise Methoden und Expertenwissen erforderlich sind. Die Aktion leistet einen wertvollen Beitrag, sollte aber ergänzt werden durch systematische, wissenschaftliche Untersuchungen, um die Datenqualität zu verbessern.
Ein weiterer kritischer Aspekt betrifft die Finanzierung der Forschung im allgemeinen, die sich in den vergangenen Jahren zunehmend von staatlichen zu privaten Quellen verschoben hat. Aktuellen Angaben zufolge finanziert der öffentliche Sektor etwa 30 Prozent der gesamten Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) in Deutschland, was bedeutet, dass 70 Prozent aus anderen Quellen stammen, darunter private Unternehmen, Industrie, Stiftungen und internationale Förderer. Der private Sektor spielt eine wachsende Rolle bei der Finanzierung von Forschungsprojekten.
Diese Verschiebung hin zu privater Finanzierung birgt erhebliche Risiken für die Unabhängigkeit der Forschung. Private Förderer haben oft spezifische Interessen und rein wirtschaftliche Ziele, die die Ausrichtung der Forschung beeinflussen können. Im Vergleich dazu dient öffentliche Forschung klassischerweise dem Gemeinwohl; die gesamte Gesellschaft profitiert. Private Forschung dagegen soll in der Regel Gewinne maximieren, die Position einzelner Unternehmen oder Institutionen stärken und den Wettbewerb zu ihren Gunsten beeinflussen.
Eine solche Entwicklung gefährdet langfristig die Vielfalt und Unabhängigkeit der Forschung, da Projekte, die nicht mit den Interessen privater Förderer übereinstimmen, weniger oder gar keine Unterstützung erhalten. Dies ist besonders besorgniserregend in Bereichen wie der Biodiversitätsforschung, wo unabhängige, neutrale Daten entscheidend sind. Citizen Science-Projekte können die Lücke nicht füllen.
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