Altkleider in Deutschland: Probleme und Chancen des Textilrecyclings

Durch | Oktober 17, 2024

Im Jahr 2018 wurden in Deutschland rund eine Million Tonnen Alttextilien gesammelt, was je nach Berechnung einer Sammelquote von 64 bis 74 Prozent entspricht. Doch nur 26 Prozent der gesammelten Textilien werden tatsächlich Recyclingprozessen zugeführt, wobei nur selten hochwertige Fasern für den Einsatz in neuen Textilien hergestellt werden. Der Großteil der Alttextilien wird dagegen exportiert, oft auch in Nicht-EU-Länder, zur Energiegewinnung verbrannt oder deponiert. Hauptgründe dafür, dass Textilien nicht stärker wiederverwertet werden, sind wenig ausgereifte Recyclingverfahren und fehlende Anreize für die Textilhersteller, Recyclingmaterial statt Neuware zu verwenden.

Im Schnitt kauft jeder Deutsche pro Jahr 60 Kleidungsstücke - bzw. rund 15 kg. Etwa fünf Kilo davon landen im Kleidercontainer. Pro Kopf werden damit 391 kg an Rohstoffen verbraucht, 9.000 Liter Wasser und 400 Quadratmeter Landfläche. Hinzu kommen 270 Kilogramm an CO₂-Äquivalenten. (Credits: pixabay)
Im Schnitt kauft jeder Deutsche pro Jahr 60 Kleidungsstücke bzw rund 15 kg Etwa fünf Kilo davon landen im Kleidercontainer Pro Kopf werden damit 391 kg an Rohstoffen verbraucht 9000 Liter Wasser und 400 Quadratmeter Landfläche Hinzu kommen 270 Kilogramm an CO₂ Äquivalenten Credits pixabay

Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie des Öko-Instituts im Auftrag des Naturschutzbundes Deutschland e.V. (NABU), die bestehende Recyclingverfahren, ihre Vor- und Nachteile sowie politische Möglichkeiten zur Förderung des Textilrecyclings darstellt.

Die Studie zeigt, dass das mechanische Recycling mit einem Anteil von 65 bis 87 Prozent das derzeit dominierende Verfahren ist. Dieses Verfahren ist im Vergleich zu anderen Technologien weniger umweltbelastend, führt aber zu einer Verschlechterung der Faserqualität.

Die Depolymerisierung von Fasern gilt als eine vielversprechende Lösung, um die Qualität von Recyclingfasern zu verbessern, befindet sich jedoch noch in der Entwicklungsphase. Bei diesem Verfahren werden Fasern wie Polyester, Nylon oder Cellulose in chemischen Prozessen in ihre ursprünglichen Bestandteile zerlegt, sodass sie für die Herstellung neuer Textilien wiederverwendet werden können.

Verfahren wie die Pyrolyse oder die Gasification, die üblicherweise als chemisches Recycling bezeichnet werden, zerlegen die chemische Struktur der Faser hingegen in kurzkettige Kohlenwasserstoffgemische und benötigen dafür deutlich mehr Energie als die Depolymerisierung. Heute werden Pyrolyseöle und Synthesegase selten für die Textilfaserherstellung eingesetzt, sondern eher in der Kraftstoffproduktion oder in der Chemieindustrie.

„Um hochwertige Fasern herzustellen, stößt das mechanische Recycling an seine Grenzen. Für eine echte Kreislaufwirtschaft brauchen wir innovative Technologien, die die Faserqualität erhalten und für die Textilbranche wieder nutzbar machen“, fasst Clara Löw, Expertin für nachhaltiges Textilrecycling am Öko-Institut, zusammen. „Die Depolymerisation muss deshalb dringend weiterentwickelt werden. Eine klare Hierarchie der Recyclingverfahren nach energetischem und ökologischem Aufwand ist wichtig, um zukünftige Investitionen im Bereich Textilrecycling zu priorisieren.“

Die Studie betont zudem, dass der Anteil von recycelten Fasern, so genannten Rezyklaten, bei der Produktion neuer Textilien bisher sehr gering ist. Um diesen Rezyklatanteil zu erhöhen, müsse der Gesetzgeber stärkere Anreize für die Hersteller setzen. Dazu gehören beispielsweise verbindliche Quoten für den Einsatz von Rezyklaten sowie Anforderungen an die Recyclingfähigkeit von Textilprodukten insgesamt und eine Verpflichtung der Hersteller zur getrennten Sammlung und Verwertung.

Dies könne, so die Autorinnen der Studie, über die EU-Ökodesign-Verordnung, die Einführung der Getrenntsammelpflicht in der EU ab 2025 sowie die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien durch eine Revision der Abfallrahmenrichtlinie erfolgen, die derzeit in der Planung oder schon beschlossen sind.

„Um das Potenzial des Textilrecyclings wirklich auszuschöpfen, brauchen wir nicht nur bessere Technologien, sondern auch klare gesetzliche Vorgaben und wirtschaftliche Anreize“, so Löw. „Deren Wirkung hängt jedoch stark von ihrer konkreten Ausgestaltung ab. Wir fordern daher eine ambitionierte Umsetzung aller aktuell laufenden Gesetzgebungsverfahren, um die Möglichkeiten der Kreislaufwirtschaft im Textilsektor voll zur Entfaltung zu bringen.“

Originalpublikation

https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/Textilrecycling-Status-Quo.pdf Studie „Textilrecycling – Status Quo und aktuelle Entwicklungen“ des Öko-Instituts

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