Die Weltmeere erlebten im Jahr 2023 beispiellose Hitzewellen, die nach einer neuen Studie in der Fachzeitschrift Science als mögliches Warnsignal für einen bevorstehenden Wendepunkt im Klimasystem der Erde gelten. Die Analyse zeigt, dass 96 Prozent der globalen Meeresflächen von extremen Temperaturen betroffen waren, mit einer Intensität, Dauer und Ausdehnung, die historische Rekorde sprengten.

Die Forscher, angeführt von Tianyun Dong und Zhenzhong Zeng, dokumentierten eine globale Hitzewellenaktivität von 53,6 Milliarden Grad Celsius pro Quadratkilometer, mehr als drei Standardabweichungen über dem Durchschnitt der Jahre 1982 bis 2022. Besonders extrem war der Nordatlantik, wo eine Hitzewelle 525 Tage andauerte – die längste jemals in dieser Region verzeichnete. Mit einer Wiederkehrperiode von 276 Jahren galten die Temperaturen als außergewöhnlich, in manchen Gebieten bis zu drei Grad Celsius über dem Normalwert. Auch der Südwestpazifik (410 Tage) und der tropische Ostpazifik erlebten langanhaltende Hitzewellen, während der Nordpazifik seit vier Jahren ununterbrochen betroffen ist.
Die Ursachen variieren regional. Im Nordatlantik führte ein geschwächtes Hochdrucksystem der Azoren zu geringerer Wolkendecke, wodurch mehr Sonnenstrahlung die Meeresoberfläche erhitzte. Im Südwestpazifik verstärkte ein starkes Hochdrucksystem die Erwärmung durch gestörte Windmuster und reduzierte Wolken. Im tropischen Ostpazifik trieben El-Niño-Bedingungen und veränderte Meeresströmungen die Temperaturanstiege.
Diese marinen Hitzewellen haben weitreichende Folgen. Sie verursachten großflächige Korallenbleiche, veränderten Fischbestände durch Migration in kühlere Gewässer und beeinträchtigten Fischereiwirtschaften. Die Erwärmung der Ozeane trägt zudem etwa zur Hälfte des globalen Meeresspiegelanstiegs bei, da sich erwärmtes Wasser ausdehnt, was Küstengebiete gefährdet. Die Hitzewelle im Südwestpazifik wird mit der Intensivierung des Zyklons Gabrielle in Verbindung gebracht, der Neuseeland verwüstete.
Die Studie warnt, dass diese Extremereignisse ein Frühwarnsignal für einen möglichen Klimawendepunkt sein könnten, bei dem Veränderungen selbstverstärkend und potenziell irreversibel werden. Die Ozeane, die 89 Prozent des durch Treibhausgase eingefangenen überschüssigen Wärme speichern, nähern sich ihrer Belastungsgrenze. Dies könnte die Stabilität von Polareis und globalen Meeresströmungen wie der Atlantischen Meridionalen Umwälzbewegung gefährden, mit weitreichenden Folgen für das Weltklima.
Die Forscher fordern verbesserte Überwachungssysteme und prädiktive Modelle, um solche Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Trotz der robusten Analyse, die auf Satellitendaten und Ozeanmessungen basiert, weisen die Autoren auf Unsicherheiten in abgelegenen Regionen und die Begrenzung auf vier Schlüsselregionen hin. Die Ergebnisse unterstreichen die Dringlichkeit, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ozeane, die 71 Prozent der Erdoberfläche bedecken, ernst zu nehmen, um Ökosysteme und menschliche Lebensgrundlagen zu schützen.
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