Studie: Wer Natur sieht, hat weniger Schmerzen – selbst bei einem Video

Durch | März 13, 2025

In einer neuen Studie konnte ein internationales Team an NeurowissenschafterInnen unter Leitung der Universität Wien zeigen, dass Naturerfahrungen akute körperliche Schmerzen lindern können. Naturerfahrungen heißt überraschenderweise: Nicht nur tatsächliche Aufenthalte in der Natur, sondern bereits Natur-Videos haben diesen Effekt. Die ForscherInnen konnten mittels funktioneller Magnetresonanztomographie nachweisen, dass beim Betrachten von Naturvideos akute Schmerzen als weniger intensiv und unangenehm bewertet wurden, – das beweist auch die Reduktion der mit Schmerzen verbundenen Gehirnaktivität. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass naturbasierte Therapien als vielversprechende, ergänzende Ansätze für Schmerztherapien eingesetzt werden können.

Credits: Hobbyfotographie, pixabay
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„Die Verarbeitung von Schmerzen ist ein komplexer Prozess“, erklärt Studienleiter und Doktorand Max Steininger von der Universität Wien. Um jenen Prozess besser zu verstehen und Therapiemöglichkeiten zu finden, haben Steininger und seine Kolleg*innen den Zusammenhang von Natur und Schmerzen untersucht: Schmerzgeplagte ProbandInnen bekamen drei unterschiedliche Videos zu sehen, eine Szene in der freien Natur, sowie ein Innenraum und eine städtische Szene zum Vergleich. Dabei mussten die Teilnehmer*innen die Schmerzen selbst bewerten, zusätzlich wurde ihre Gehirnaktivität mit Hilfe eines funktionellen Magnetresonanztomographen gemessen. Die Ergebnisse waren eindeutig: Beim Betrachten der natürlichen Szene berichteten die TeilnehmerInnen nicht nur von weniger Schmerzen, sondern zeigten auch eine geringere Aktivität in Gehirnregionen, die mit der Schmerzverarbeitung verbunden waren.

Analysen der Gehirnaktivität zeigten, dass das Betrachten von Natur vor allem die frühen, körperbezogenen Schmerzsignale verringerte. „Die Schmerzverarbeitung setzt sich wie ein Puzzle aus verschiedenen Teilen zusammen, die im Gehirn unterschiedlich verarbeitet werden. Einige Puzzleteile bestimmen unsere emotionale Reaktion auf den Schmerz, also etwa, ob wir ihn als unerträglich empfinden. Andere Puzzleteile betreffen die dem Schmerz zugrundeliegenden körperlichen Signale, also etwa Informationen darüber, wo im Körper der Schmerz lokalisiert ist und wie intensiv er gerade ist. Anders als etwa bei Schmerzreduktion durch Placebos, die in der Regel unsere emotionale Reaktion auf den Schmerz verändern, führte das Betrachten von Natur dazu, dass die frühen, körperbezogenen Signale vom Gehirn anders verarbeitet wurden. Der Effekt scheint also weniger mit den Erwartungen und Emotionen der Teilnehmer*innen zu tun zu haben, sondern mehr mit der Veränderung von zugrundeliegenden Schmerzsignalen“, erklärt Steininger.

Claus Lamm, Forschungsleiter der Gruppe, ergänzt: „Aus einer weiteren aktuell laufenden Studie wissen wir, dass Menschen zuverlässig weniger Schmerz empfinden bzw. davon berichten, wenn sie natürlichen Umgebungen ausgesetzt sind. Bisher war allerdings unklar, warum das so ist. Unsere Studie legt nahe, dass unser Gehirn weniger auf den körperlichen Auslöser und die Intensität des Schmerzes reagiert.“

Die aktuelle Studie liefert wichtige Hinweise darauf, wie die Natur dabei helfen kann, Schmerzen zu lindern und unterstreicht, dass naturbasierte Therapieansätze eine sinnvolle Ergänzung in der Schmerzbehandlung sein können. Dass dieser Effekt bereits durch das bloße Betrachten von Naturvideos nachgewiesen wurde, zeigt zudem, dass nicht zwingend ein Spaziergang in der freien Natur dafür nötig ist. Auch virtuelle Natur – etwa in Form von Filmen oder Virtual Reality – scheint effektiv zu sein. Das eröffnet vielfältige Anwendungsmöglichkeiten im privaten und medizinischen Bereich und bietet Menschen eine einfache und zugängliche Möglichkeit, ihre Schmerzen zu lindern.

Originalpublikation

Maximilian O. Steininger, Mathew P. White, Lukas Lengersdorff, Lei Zhang, Alexander J. Smalley, Simone Kühn, Claus Lamm: Nature exposure induces analgesic effects by acting on nociception-related neural processing. 2025. In Nature Communications.
DOI: 10.1038/s41467-025-56870-2

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