Wilde Gerste bietet hohes Potential für Züchtung neuer Sorten

Durch | Juli 10, 2025

Wilde Verwandte besitzen wertvolle Gene, von denen unsere Kulturpflanzen profitieren können. Technische Hürden und ein Mangel an genomischen Ressourcen haben die effektive Nutzung sogenannter Introgressionen zwischen Kultur- und Wildpflanzen bisher jedoch stark erschwert. Ein internationales Forschungsteam unter Führung des IPK-Leibniz-Instituts hat nun ein Pangenom der Knollengerste (Hordeum bulbosum) erstellt, des nächsten wilden Verwandten der Gerste.

Credits: Tetyana Kovyrina, pexels
Credits Tetyana Kovyrina pexels

Ein internationales Forschungsteam unter Führung des IPK-Leibniz-Instituts hat nun die strukturelle Evolution des Genoms von Gerste (Hordeum vulgare) und ihres wilden Verwandten Hordeum bulbosum, auch als Knollengerste bekannt, untersucht. Für diese Studie sammelte Dr. Frank Blattner Genotypen von H. bulbosum in natürlichen Populationen im gesamten Mittelmeerraum. In Kombination mit Akzessionen aus Genbanken führte dies zu einer Gruppe von 263 Genotypen. Dieses Panel umfasst sowohl diploide als auch tetraploide Zytotypen. Nach der Analyse ihrer Populationsstruktur hat das Forschungsteam zehn Chromosomengenome der Knollengerste in Referenzqualität erstellt und annotiert.

„Die tetraploiden Formen haben zwei unterschiedliche Ursprünge, einen in Griechenland und einen in Südwestasien. In Asien sind sie bereits vor ein bis zwei Millionen Jahren entstanden, in Griechenland hingegen erst in den letzten 100.000 Jahren“, erklärt Jia-Wu Feng, Erstautor der Studie. „Wir haben Beweise dafür gefunden, dass sich beide Typen jetzt miteinander kreuzen. Dies zeigt einen Weg auf, wie Polyploide ihre genomische Vielfalt durch mehrere Ursprünge anreichern können“, ergänzt Dr. Frank Blattner.

Obwohl H. bulbosum mit einer geschätzten Divergenzzeit von 4,5 Millionen Jahren der engste wilde Verwandte der Gerste ist, haben sich die beiden Arten genetisch recht unterschiedlich entwickelt. Der offensichtlichste Unterschied ist die Ausdehnung des Gerstengenoms. „Wir konnten zeigen, dass diese Expansion nicht gleichmäßig über das gesamte Genom verteilt ist, sondern hauptsächlich an den Enden der Chromosomen stattfindet“, sagt Jia-Wu Feng. „Auch das war für uns überraschend.“

Eine gängige Methode zur Übertragung von Genen aus wilden Verwandten in domestizierte Pflanzen sind Introgressionslinien. Diese stammen aus Kreuzungen zwischen Nutzpflanzen und ihren wilden Verwandten und enthalten einen kleinen Teil der Gene des wilden Elternteils in einem kultivierten genomischen Hintergrund. Auf der Grundlage der Referenzgenome hat das Forscherteam nun, etwa 40 Jahre nach der ersten Einkreuzung aus H. bulbosum in Gerste die Struktur des Ryd4-Resistenzlocus entschlüsselt. „Dies ist zweifellos die bisher vielversprechendste Introgression in Gerste aus Wildpflanzen und die Einzige, die kurz davor steht, in kommerziellen Sorten eingesetzt zu werden“, erklärt Dr. Martin Mascher, Leiter der Arbeitsgruppe „Domestikationsgenomik“. „Sie bietet eine qualitative Resistenz gegen das verheerende Gerstengelbverzwergungsvirus, das mehrere Getreidekulturen befällt“, so der IPK-Wissenschaftler, der auch Mitglied im Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig ist.

„Genomsequenzen von wilden Verwandten werden in Zukunft für eine gezieltere Introgressionszüchtung nützlich sein“, sagt Dr. Martin Mascher. „Die systematische genomische Charakterisierung von Kulturpflanzen und ihren wilden Verwandten ist wichtige Grundlagenforschung, um pflanzengenetische Ressourcen für die Verbesserung von Kulturpflanzen besser zugänglich zu machen“, betont auch Prof. Dr. Nils Stein, Leiter der Bundeszentrale Ex-Situ-Genbank für landwirtschaftliche und gartenbauliche Kulturpflanzen am IPK Leibniz-Institut, „und sie ist der Motor für die Weiterentwicklung der Genbank von einem Saatgutlager zu einem Zentrum für biodigitale Ressourcen“.

Originalpublikation

Feng et al. (2025): A haplotype-resolved pangenome of the barley wild relative Hordeum bulbosum. Nature. DOI 10.1038/s41586-025-09270-x

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